Grandioser Auftakt zur zehnten art KARLSRUHE
Ein Plädoyer für die Leidenschaft in der Kunst
Markus Lüpertz, dessen Werke auf dem Skulpturenplatz der Galerie Michael Werner präsentiert werden, hielt in seiner Eröffnungsrede zur zehnten art KARLSRUHE ein flammendes Plädoyer für die Freiheit der Kunst. Lüpertz brach eine Lanze für passionierte Künstler und engagierte Betrachter, die der Kunst mit Begeisterung und Bildung entgegentreten. „Kunst muss geglaubt werden von einer selbstbewussten Klientel“, so umschrieb Lüpertz temperamentvoll seine Vision vom idealen Messe-Besucher. Sehen mit Leidenschaft, das sei das A und O der Wahrnehmung von Bildern und Skulpturen. Die Qualität eines Kunstwerks, so Lüpertz, lasse sich nur durch den unablässigen Vergleich mit anderen Werken zuverlässig ermitteln, Kennerschaft könne man nicht im Vorübergehen erwerben. Markus Lüpertz sprach damit dem Messe-Kurator Ewald Karl Schrade aus der Seele. Die art KARLSRUHE als Treffpunkt für Menschen, die Kunst lieben, nicht als ausschließlich renditeorientierter Marktplatz, das war von Beginn an das Anliegen des Spiritus rector der Karlsruher Messe. Die art KARLSRUHE, hatte Ewald Karl Schrade schon zuvor bei der Pressekonferenz hervorgehoben, sei in erster Linie ein Kunstmarkt für Sammler, nicht für Investoren. Auf einer Linie lag er dabei mit Olaf Zimmermann, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, der sich kritisch zum veränderten Mehrwertsteuergesetz äußerte und in diesem Zuge die Rolle der Galeristen als wichtige Vermittler zwischen Künstler und Öffentlichkeit hervorhob.
Das Motto der zehnten art KARLSRUHE, „Mit Leidenschaft für die Kunst“, trifft also ins Schwarze. „Mit dieser Leidenschaft hat sich die art KARLSRUHE von 82 Galerien und 20.500 Besuchern im Jahr 2004 hin zur größten deutschen Messe für Klassische Moderne und Gegenwartskunst mit 220 Galerien entwickelt und wir erwarten 2013 über 48.000 Besucher“, erläuterte Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Karlsruhe Messe- und Kongress-GmbH. Im zehnten Jahr präsentieren sich in Karlsruhe bis zum Sonntag Galerien aus 13 Ländern mit Werken von über 1700 Künstlern aus aller Welt. Von einem „Fixstern am europäischen Kunsthimmel“ sprach gar Nils Schmid, der stellvertretende Ministerpräsident und Minister für Finanzen von Baden-Württemberg, in seinem Grußwort zur Eröffnung.
Wie jedes Jahr punktet die Messe mit ihrem breiten Angebot von Malerei und Skulptur vom frühen 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Die wertvollsten Werke haben Galerien mit Schwerpunkt Klassischer Moderne im Gepäck. 2,65 Millionen Euro kostet zum Beispiel Emil Noldes „Blumengarten (S)“ von 1924, ein Gemälde, bei dem der Galerist Klaus Schwarzer ins Schwärmen gerät: „So etwas begegnet einem auch als Händler nicht alle Tage. Das ist etwas ganz Besonderes“. Zu weiteren Highlights am Stand der Düsseldorfer Galerie zählen ein abstraktes Bild von Gerhard Richter von 1980 (750.000 Euro) sowie Richters Farbkombinationen „3 x 3 Farben“, entstanden 2007 (85.000 Euro), und „Schwarz-Rot-Gold II“ (34.500 Euro). Das hochpreisigste Bild der Messe, der „Totentanz der Mary Wigman“ (1926/1928) von Ernst Ludwig Kirchner, mit rund 3,7 Millionen Euro veranschlagt, sieht man am Stand der Schweizer Galerie Henze & Ketterer. Dort zeigte man sich sehr zufrieden mit den Verkäufen und dem regen Interesse der Sammler am Preview-Tag. Francis Botts „Composition“ (1957) fand ebenso rasch einen neuen Besitzer wie Theodor Werners „o.T. IX“ (1963) und Fritz Winters „Ohne Titel (Rot und Blau II)“ (1962). „Das waren Verkäufe, die nicht vorbereitet waren und spontan zustande kamen“, freut sich Marc Triebold von Henze & Ketterer.
Begeistert vom Messeauftakt war auch Bert Schlichtenmaier. Gleich zu Messebeginn veräußerte er eine Stahlskulptur von Horst Antes für 34.000 Euro und ein Relieftorso aus Bronze von Wilhelm Loth für 7.000 Euro. Das teuerste Werk an seinem Stand, „Kadenz in Moosgrün“ (1958), ein Scheibenbild von Ernst Wilhelm Nay für 380.000 Euro, ist noch zu haben. „Ein Schlüsselwerk in Nays Oeuvre“, wie der Stuttgarter Galerist betont, „etwas, das viele Museen schmücken würde.“ Am Stand gegenüber konnte sein Kollege Hans Maulberger unter anderem eine Arbeit des Informel-Meisters K.R.H. Sonderborg für 24.000 Euro weiterreichen. Und auch die Pariser Galeristin Anne Lahumière, die zu den 34 Neuausstellern der art KARLSRUHE zählt, registrierte erfolgreiche Verkaufsabschlüsse: Ein Gemälde von Jean Leppien ging bereits in den ersten Messestunden an ein deutsches Museum. „Die Grande Dame der geometrischen Abstraktion“, wie sie ein Sammler am Stand nennt, zeigt unter anderem Großformatiges von Victor Vasarely, Arbeiten von Günter Fruhtrunk und Adolf Fleischmann. Anne Lahumières Resümee am ersten Messetag: Sie ist entzückt von der „tollen Atmosphäre und den interessanten Besuchern“ der art KARLSRUHE.
Doch auch die junge Kunst hat bei der zehnten art KARLSRUHE ihren großen Auftritt. In der dm-arena, Schauplatz für junge Positionen, können sich Einstiegssammler aktuellste Kunst für den kleineren Geldbeutel sichern. Im Eingangsfoyer begrüßen den Besucher imposante, unter der Decke schwebende Ballons des Offenburger Künstlers Stefan Strumbel. Mit seinen poppig verfremdeten Schwarzwaldmotiven bespielt er die Aktionshalle und sorgt mit der exklusiven Sonderedition „Liebe, Glaube, Hoffnung“ in einer Kapelle in der dm-arena für viel Aufsehen. Obendrein ist Strumbel am Stand der Circle Culture Gallery mit einer One-Artist-Show vertreten. Von 350 Euro für Editionen bis hin zu 60.000 Euro für das großformatige Werk „Lucky Heimat“ erstreckt sich das Preisspektrum der Berliner Galerie. Schon nach einer halben Stunde verkauft: eine schwarzglänzende Strumbel-Kuckucksuhr mit dem Titel „Black Sabbath“, die für 15.900 Euro an einen Privatsammler ging. Editionen wie „Rock Your Heimat“ oder „Heimat Loves You“ fanden gleichfalls raschen Absatz. „Der Ansturm auf unseren Stand ist groß. Die Leute kommen sogar, um sich Autogramme von Stefan Strumbel zu holen“, berichtet der Galerist Johann Haeling von Lanzenauer.
Für museales Flair sorgt die Sonderausstellung mit Fotografien von Gisèle Freund (1908 bis 2000) aus der Kollektion der Luxemburger Sammlerin Dr. Marita Ruiter. Knapp 180 Fotografien spannen den Bogen von frühen Reportagen aus den 1930er Jahren, die den beginnenden Faschistenterror in Deutschland dokumentieren, bis zu eindringlichen Porträts von Künstlern, Schriftstellern und anderen bedeutenden Persönlichkeiten. Selten sah man das Werk der Meisterfotografin in einer solch eindringlichen Dichte. „Es ist eine emotionale Ausstellung, und ich freue mich sehr, Freunds Werk einer so großen Öffentlichkeit hier vorzustellen“, sagt Ruiter, und man spürt auch bei ihr jene Leidenschaft für die Kunst, die den Besuch der Karlsruher Messe zu einem besonderen Erlebnis macht.
Die art KARLSRUHE hat ihre Tore noch bis zum 10. März geöffnet. Zu den kommenden Höhepunkten der Messe zählen die beiden Preisverleihungen: Der Hans Platschek-Preis für Kunst und Schrift wird heute um 17 Uhr im Foyer Ost vergeben. Am 8. März, ebenfalls um 17 Uhr, wird im Foyer Ost der gelungenste Messeauftritt mit dem art KARLSRUHE-Preis ausgezeichnet.
Pressemitteilung art Karlsruhe