Es ist verblüffend. Wie oft liest man über Missachtungen der gesetzlichen „Spielregeln“ im Glücksspiel. Ob großes oder kleines Glücksspiel, so verschluckt man sich fast des Ausdrucks „Glück“ hier in seiner eigentlicher Bedeutung.
Wenngleich hinlänglich und mit Regelmäßigkeit Kritiken an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu lesen sind, scheinen die „Konzerne des Glücks“ stets die Gewinner zu sein, welche der Justiz phlegmatisch begegnen.
Als ob die Gesetzesmacht dem Kapital unterlegen ist, handeln die Vertreter des Volkes sicher unter der Prämisse, dass man einem so bedeutenden Steuerzahler fatalistisch entgegnen möchte.
Nun denn, Geld regiert die Welt, das Wohl eines Konzerns nebst staatlicher „Beglückung“ über Steuereinnahmen erfreut sich warm gefüllten Händedrucks und den Betroffenen bleibt das Zutrauen in Hoffnung.
Beherzte Widersacher des Glücksspiels bemühen sich eines Kampfes David gegen Goliath, doch stehen diese einer gewinnenden Lobby unter dem Schutzmantel politischer Größen wie einer überwiegend ignoranten Gesellschaft gegenüber, welche die Schuld zumeist bei den Leidtragenden selbst sucht.
Doch sind wir nicht alle betroffen? Nicht nur der Süchtige dem anzuhaften sein eigenes Schicksal so einfach erscheint, oder dessen Angehörige die mit ihm in den Abgrund gerissen zwischen verantwortungsvollen Gefühlen und Selbsterhalt wanken, nein, jeder einzelne ist ebenso durch seine Sozialversicherungsbeiträge involviert und könnte selbst irgendwann durch Freunde oder Familienmitglieder befangen sein.
„Der Tiroler Anwalt Patrick Ruth und Roman Neßhold, Präsident des „Instituts Glücksspiel & Abhängigkeit“ in Salzburg übten bereits massive Kritik am Monopolisten Casinos Austria und den derzeitigen Spielerschutzbestimmungen, denen die Spielbanken unterliegen. Nicht nur die gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch die konkrete Umsetzung bei den Casinos Austria ist Ruth ein Dorn im Auge. „Fakt ist, dass man auch in ein Casino ohne Ausweis oder unter falschem Namen reinkam“, behauptete der Advokat.(*1).“
Und nun darf dem ein weiteres Beispiel hinzugefügt werden.
Anhand des sich vor einer Woche in Graz zugetragenen Falles offenbart sich, wie einfach die Gesetze zu umgehen sind und wie Hilfe zur Selbsthilfe wahrlich aussehen kann.
Einem als spielsüchtig den Behörden wie dem Casino Austria bekannter Künstler (*2), dem vor einigen Jahren bereits durch Gerichtsbeschluss eine Casino-Spielsperre auferlegt wurde, versuchte abermals sein Glück und spazierte ins Casino Austria in Graz.
Ihm durchaus bewusst, dass er mithilfe des amtlichen Lichtbildausweises und als registrierter Spielsüchtiger wohl eher vor verschlossener Türe bliebe, gab er an diesen „vergessen zu haben“.
Die freundliche Dame am Empfang des Grazer Casinos war jedoch dem gewieften Hasardeur behilflich und bat ihn lediglich um seine e-card.
Außer Acht sämtlich gesetzliche Bestimmungen, welche eindeutige Auflagen zum Nachweis der Identität mittels §25 GSpG (1,2) regelt. Noch weniger Bedeutung beigemessen dem Gesetz zur Spielerschutzeinrichtung im Umgang mit Spielsucht, welches geschultes Personal abfordert. Kein Argwohn beim doch eigentlich dort registrierten Namen des Künstlers dem kein Zutritt gewährt werden darf, wie auch kein Nachfragen der nach §25 Abs. 3 GSpG geltenden Bonitätsauskünfte zum Schutze des Existenzminimums. Selbst eine Bitte um eine Vorlage eines Sachverständigengutachtens fehlte, welche eine Aufhebung der Casino-Sperre durch wundersame Heilung bestätigt hätte.
Das selbstsichere Auftreten des pathologischen Spielers mit charmantem Gehabe war ausreichend zum freien Geleit in die Welt seiner Sucht und des Verderbens.
Was nützen Spielsperren oder Casinoverbote wenn man gar ohne Ausweis seiner Sucht dort frönen kann? Welchen Schutz bieten diese gesetzlichen Regelungen den Angehörigen, die verzweifelt darauf vertrauen; oder den Steuerzahlern welche für die somit zum Scheitern verurteilten Therapien mitfinanzieren?
Die Sozialversicherung dienlich der Förderung der Spielsucht, welche dann anschließend noch für die Kosten der Therapien aufkommen darf, wird zunächst bildlich zur Kasse gebeten und darf zudem noch im Voraus als Zeuge des Leumunds fungieren. Erstaunlich.
Auf den Internetseiten der Casino Austria (*3) wirbt man mit Einhaltung der Gesetze und besonders geschulter Mitarbeiter. Auch hinsichtlich der ordnungspolitischen Zielsetzung wird im allgemeinen Teil der Erläuterungen zum GSpG gar aufgeführt, dass “ der Staat die Überwachung der Glückspiele als oberste Zielsetzung den Schutz des Spielers vor Augen haben müsse“.
Welch Hohn in den Ohren der Betroffenen aufgrund so vielfältig dokumentierter Verstöße.
In der Stellungnahme des Vorstands des Casino Austria (*4) findet man mehrfach deren Proklamation über das Bewusstsein um Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft, oder Hinweise zur „Spezielle Betrachtungen zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen“ – wobei hier das Wort „speziell“ durchaus passend erscheint und wohl als Hintertürchen für Eventualitäten gedeutet werden könnte.
Der dort ebenfalls nachzulesenden Verlautbarung der besonderen Anforderungen an die Verlässlichkeit und das Nahelegen, die Zahl der betriebenen Spielbanken so gering wie möglich zu halten, versteht sich als Monopolist von selbst.
„Sozialverantwortliches Handeln“ (*4) als Schwerpunktthema eines Unternehmens, welches sich weder an die eigenen Richtlinien hält noch sich um Einhaltung gesetzliche Bestimmungen sorgt.
Die Beschaffungskriminalität der Spielsüchtigen obliegt ja einer ganz anderen Obrigkeit, könnte man als entlastenden Vorwand vermuten. Dann sich doch lieber spekulativ wohltätig als Mäzen und Kunstförderer zeigen, um das Image zu heben um in gewohnter Manier das fortzusetzen, was doch so beseelt des Glückes ist.
© Cornelia Kerber, 10.12.2011
(*1, Quelle: http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/570810/Spielsuchtberater-attackiert-Casinos-Austria
(*2, Name der Red. bekannt)
(*3, Quelle: http://www.spiele-mit-verantwortung.at/rg/RG_leitbild_cast.jsp)
(*4, Quelle: (http://www.casinos.at/uploadNew/16455c56-d2f7-40c0-b494-b15f7979d15b.pdf)