Notizen von Ewald Karl Schrade, Kurator der art KARLSRUHE
Als ich vor Tagen erfuhr, dass der von der Hans Platschek Stiftung beauftragte Juror, Dr. Thomas Köhler, Berlinische Galerie, die Malerin und Schriftstellerin Cornelia Schleime ausgewählt hat, am 4. Mai 2023 auf der art KARLSRUHE den nächsten Platschek-Preis für Kunst und Schrift in Empfang zu nehmen, habe ich mich sehr gefreut. Denn immer wieder war diese Künstlerin mit ihren Bildern auf der art KARLSRUHE vertreten, und vor zwölf Jahren gastierte sie auch selbst als Teilnehmerin am ARTIMA art meeting der Messe Karlsruhe. Dabei wurde deutlich, dass sie, nach einem Ausstellungsverbot 1981 in der ehemaligen DDR und unzähligen Ausreiseanträgen, im Jahr 1984 doch noch in West-Berlin eingetroffen, ihr Frühwerk verloren hatte. Die Energie, die Cornelia Schleime aufbrachte, um den Neustart zu schaffen, hat mich sehr beeindruckt.
Das Beispiel steht für eine Kunst-Erfahrung, die mich lebenslang begleitet, beinahe ein wenig neidvoll. Denn Künstlerinnen und Künstler verfügen über ein einzigartiges Instrument, das Erlebte zu verarbeiten. Ob es dabei zu narrativen Resultaten kommt, eben auch zu gegenständlichen Darstellungen, oder Formen konkreter Kunst bevorzugt werden, ist nicht weiter wichtig. Entscheidend ist, so meine ich, dass schöne Bilder oder gegenteilige Strömungen aus Wahrheit geboren werden. Maler/innen und Bildhauer/innen müssen auf der Suche nach eigener Identität und/oder gesellschaftlicher Befindlichkeit ehrlich sein. Dann versiegen dekorative Einflüsse von selbst, dann besteht die Chance, wirklich große Kunst zu machen.
Im Rückblick auf 20 Jahre art KARLSRUHE wird sich vom 4. bis 7. Mai 2023, wenn ich ein letztes Mal als Messe-Kurator tätig sein werde, womöglich ein wenig Wehmut einstellen. Denn es waren zwei anregende Jahrzehnte, und ich bin allen, mit denen ich zu tun hatte, überaus dankbar. Dass wir die art KARLSRUHE derart erfolgreich positionieren konnten, war schließlich eine Gemeinschaftsleistung. Aber ich weiß auch, dass es wieder einmal die Kunst sein wird, die den kommenden neuen Lebensabschnitt hoffnungsvoll gestaltet. Ja, ich freue mich auf die kommenden Jahre mit Ihnen allen und vielen Kunstwerken. Denn als Aussteller bleibe ich der art KARLSRUHE eng verbunden.
Mit herzlichen Grüßen und
allen guten Wünschen für die neue Doppelspitze
in der Leitung der art KARLSRUHE
sowie für das kommende Weihnachtsfest
Ewald Karl Schrade
Kurator der art KARLSRUHE
Drei Fragen an Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Messe Karlsruhe
Erste Frage: Sie haben seitens der Messe Karlsruhe keine/n Nachfolger/in für den nach 20 Jahren scheidenden Kurator der art KARLSRUHE gesucht, Ewald Karl Schrade, sondern im Zuge eines Transformationsprozesses auf das Modell Doppelspitze gesetzt. Warum?
Britta Wirtz: Gemeinsam mit Ewald Karl Schrade haben wir uns vor über einem Jahr auf den Weg gemacht, darüber nachzudenken, wie die neue Leitung der art KARLSRUHE aussehen könnte. Immer geleitet von der Frage nach einer idealen Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden. Nach immerhin zwei Jahrzehnten und neuen Herausforderungen erschien es uns sinnvoll, die Organisationsstrukturen zeitgemäß anzupassen und intern aufgebautes Know-how mit externen Kompetenzen zu verzahnen. Ganz im Sinne von Ausstellenden und Publikum ein Modell zu entwickeln, das die art KARLSRUHE wieder ein Stück voranbringen wird. Mit der Kunsthistorikerin Olga Blaß, seit 2011 im Team tätig und seit 2017 als Projektleiterin gemeinsam Seite an Seite mit Ewald Karl Schrade aktiv, haben wir künftig eine umsichtige Messefrau im Führungseinsatz, die interne Abläufe bestens kennt, und dank des nach der art KARLSRUHE 2023 neu hinzukommenden Kunstmarktkenners Kristian Jarmuschek, der dem externen Beirat vorstehen wird, ist ein erfahrener Branchen-Profi für den Blick von außen dabei. So freue ich mich, dass wir mit dem Duo Blaß/Jarmuschek an der Spitze der art KARLSRUHE von der Messe 2024 an nach und nach neue Weichenstellungen vornehmen können.
Zweite Frage: Kristian Jarmuschek ist vielseitig engagiert – birgt das mögliche Interessenskollisionen? Immerhin ist er, der Mitgründer der Berliner Kunstmesse „Positions“, auch andernorts tätig.
Britta Wirtz: Selbstverständlich haben wir diese Frage mit ihm erörtert – und sehen den Vorteil, dass er Kontakte und Wissen einbringen kann, wie es nur wenige Galeristen haben. In der Tat ist Kristian Jarmuschek nach wie vor als Galerist in Berlin tätig, und so kennt er – wie es auch für Ewald Karl Schrade bezeichnend ist – die Nöte und Wünsche seiner Kolleginnen und Kollegen bestens, wenn sie an einer Kunstmesse teilnehmen wollen. Nicht zuletzt wird er, vor Wochen als Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler wiedergewählt, für die art KARLSRUHE viel tun können, weil auch seine kulturpolitische Vernetzung herausragend ist.
Dritte Frage: Es klingt so, als seien Sie rundum zufrieden und würden zuversichtlich in die Zukunft der art KARLSRUHE schauen. Wirklich keine Bedenken, dass der Wechsel an der Spitze holprig vonstattengehen könnte?
Britta Wirtz: Nein, nicht die geringsten Bedenken; die Entscheidung im sehr gut besetzten Auswahlgremium war eindeutig und gekennzeichnet von breiter Unterstützung. Wir haben, soweit möglich, sorgsam geplant und wollen einen sanften, fließenden Übergang möglich machen. Schon in diesen Tagen, noch vor Weihnachten, wenn der Beirat der art KARLSRUHE tagt, um die Jurierung der Aussteller für 2023 vorzunehmen, wird Kristian Jarmuschek als Gast dabei sein: Herzlich eingeladen von Ewald Karl Schrade.
Dezember 2022