In der Ausstellung PSYCHO werden die unheimlichen, poetisch-surrealistisch anmutenden Bilder der amerikanischen Künstlerin Ena Swansea und die subversiv-hintergründigen Arbeiten des finnischen Künstlers Robert Lucander vorgestellt.
Der Titel der Ausstellung spielt auf den gleichnamigen Horror-Klassiker von Alfred Hitchcock an und lässt an die Entgleisungen von Schizophrenen, Psychopaten oder anderer psychisch Kranker denken. »Psycho« bedeutet im Griechischen »Seele«. Der Begriff der Geisteskrankheit leitet sich von der Vorstellung ab, dass der Mensch am Geist erkranken kann. In der Psychoanalyse werden tiefenpsychologische Traumata und Verhaltensstörungen behandelt. Der Roman »American Psycho« von Bret Easton Ellis schließlich zeigt das böse Gesicht eines bedingungslosen Materialismus und lässt offen, ob die grausamen Szenen der psychotischen Phantasie des Protagonisten entspringen oder ob er die Gewaltexzesse tatsächlich ausführt. Umgangssprachlich wird mit »Psycho« eine psychisch erkrankte, häufig verhaltensauffällige und zu aggressivem Verhalten neigende Person bezeichnet, die ihre Umwelt verstört und bedroht. Der Begriff weckt die Erwartung von Kunst, die das Nichtkonforme, Verrückte und dadurch Bedrohliche oder Unheimliche zum Thema hat.
Die Gemälde von Ena Swansea (geboren 1965 in North Carolina) handeln von Träumen und Affekten und zeugen von einer Faszination für das Rätselhafte und die Kraft der Phantasie. Man kann die Bilder als Ausdruck von unterbewussten und irrationalen Wünschen und Ängsten aus den Tiefen der Erinnerung lesen. Ihre flüchtig anmutenden »Traumbilder« vermitteln sich dem Betrachter in der non-verbalen Form und sinnlichen Unmittelbarkeit der Malerei. In Form der klassischen Genres des Porträts, des Gruppenbildes und der Landschaftsmalerei bringt Swansea ihre intimen Gefühle zum Ausdruck. Ihre Malerei dient der Selbstvergewisserung und entspringt dem Bedürfnis nach der Auseinandersetzung mit der eigenen Befindlichkeit und den persönlichen Ängsten und Traumata und hält gleichzeitig der Gesellschaft einen Spiegel vor.
Das Hauptinteresse des in Berlin lebenden Robert Lucander (geboren 1962) gilt ebenfalls dem Porträt und Gesellschaftsbild, allerdings nicht im traditionellen Sinn. Weder geht es ihm inhaltlich um das Erfassen des Wesens der abgebildeten Person, noch formal um den klassisch malerischen Prozess der Realitätsabbildung. Im Gegensatz zum suggestiven Illusionismus Ena Swanseas steht bei Robert Lucanders Werken das verwendete Material und die bildkünstlerische Technik selbst im Vordergrund. So scheinen sich die Bilder und Montagen des finnischen Künstlers unmittelbar aus dem Bildträger selbst, der Maserung und den Astlöchern des hölzernen Bildträgers herauszuschälen. Lucander bedient sich der Bildwelt der Magazine und der Werbung, zerlegt die bunte Medienwelt in Fragmente und setzt sie durch Reduktion, Übermalung, Montage, Spiegelungen und Vervielfältigung zu eigenen Bild-Aussagen zusammen, die nur auf den ersten Blick oberflächig und harmlos wirken. Alltägliche Pressemeldungen und Zeitungsbilder benutzt der Künstler für seine subversiv-humorvollen Studien menschlicher Gesten und Grimassen und deckt die gesellschaftlichen Abgründe hinter der Welt der schönen Bilder auf.
Sowohl der ephemer-psychologische Charakter der Gemälde Ena Swanseas als auch das analytisch Fragmentarische und die mediale Entfremdung, die sich in den Werken von Robert Lucander manifestiert, führen bei aller Verschiedenheit zur Irritation des Betrachters. Beide Künstler verunsichern unsere Sehgewohnheit, erzeugen ein subtiles Unbehagen und entlarven wahlweise die eigene oder gesellschaftliche Wirklichkeit als »ver-rückt«. (c) Deichtorhallen Hamburg, Sammlung Falckenberg